Matomo

08.10.2010

Noch ein Quälgeist: Über die Ödnis der Folterfilme

Noch ein Quälgeist: Über die Ödnis der Folterfilme

Hilferuf eines Gefolterten! Der Begriff „Torture-Porn-Movie“ für die neu entstandene Kategorie von Horrorfilmen spricht Bände: In diesen Filmen wird gequält, gefoltert, zersägt, ohne dass es noch irgendeinen Sinn ergibt. Nur wer braucht das eigentlich?

Hart, härter, noch härter als …

„Captivity“ wurde nachträglich auf Folterfilm getrimmt (Cover: Sony Pictures Home Entertainment)

Sie schwappen durch die Videotheken. Ihre Zahl ist noch größer, als es die der Teenieslasher und Mystery-Thriller jemals war. Wöchentlich, beinahe täglich sucht uns ein neues Splatterstück aus den Untiefen der Direct-to-DVD-Horrorfilm-Branche heim. Das Cover ist noch abstoßender, noch schmuddeliger, noch angegrabbelter als das der Vorgänger. Gerne mit Titten und Kettensäge, Männern in Schürze und vielleicht etwas Kotze.

Der Schriftzug „Noch härter als …“ rundet das Kunstwerk ab, wahlweise tut es auch eine Kombination mehrerer anderer Schocker: „Wrong Turn“ trifft „The Hills have Eyes“. Fantasielosigkeit trifft Blödsinn.

Die Effekte im Film sind dann noch härter und meist abstoßender – und die Story ist noch banaler, falls überhaupt vorhanden. Bizarres Highlight ist der Film „Captivity“ mit Elisha Cuthbert („24“), den findige Produzenten sogar mit extra nachgedrehten Folterszenen für den neuen Markt aufgehübscht haben.

Vom gesellschaftlichen Kontext mal abgesehen steht hier allerdings mehr denn je die Frage, für wen dieser Menschenabfall vom Fließband produziert wird. Menschen die gerne sehen, wie andere leiden? Anatomiestudenten? Oder Metzgerlehrlinge? Anders kann es gar nicht sein, denn diese Machwerke sind selten spannender als ein überfahrener Hamster.

Hier stillt eine Branche den Blutdurst einiger Gorefreaks, denen Stil, Gehalt und Spaßfaktor gleichgültiger sind als das Opfer dem Folterknecht. Oder macht gerade das fantasievolle Auseinandernehmen des menschlichen Körpers für sie gerade den Spaßfaktor aus? Ein unangenehmer Gedanke.

Es begann mit „Saw“ und „Hostel“

„Hostel“: Spannender Schocker statt dumpfer Folterei (Cover: Sony Pictures Home Entertainment)

Als Vorreiter der Welle gelten die Horrorfilme „Saw“ und „Hostel“. Aber zu Unrecht. Denn viele Kritiker vergessen gern, dass gerade diese beiden Schocker in Wahrheit gut gemachte und vor allem sauspannende Thriller sind. Sie haben das, was einen guten Horrorfilm noch immer ausmacht: Stil, eine originelle Idee, gute Schauspieler und Gespür für Timing. Was man von den eher durchwachsenen Fortsetzungen leider nicht mehr behaupten kann.

Jede Welle geht mal vorbei, sicher auch diese. Hoffen wir, dass uns möglichst bald jemand von diesen Qualen erlöst.

Was wir nicht mehr sehen wollen:

  • Alles nach „Saw 2“
  • Scar 3D
  • Beyond the Limits
  • Dard Divorce
  • Borderland
  • The Collector
  • Last House on the left
  • Captivity

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Foto: lassedesignen (Fotolia.com)

Über den Autor Martin Riggs

Sein Pseudonym hat er von Martin Riggs aus "Lethal Weapon" entliehen, einer seiner liebsten Filmfiguren. In seiner Freizeit widmet er sich leidenschaftlich gern dem Thema Kino, unter anderem allem, was ihm eine Gänsehaut oder ein Lachen beschert.
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