Matomo

Bewertung: 2/5 Sterne

Filmkritik Winnie the Pooh: Blood and Honey

Im Hundert-Morgen-Wald fließt Blut

Knuddelig, süß und freundlich war gestern: In dem SlasherWinnie the Pooh: Blood and Honey“ von 2023 werden beliebte Kindheitshelden zu blutdurstigen Bestien. Doch reicht das?

Die Handlung

Blutiger Wegweiser - das fängt ja gut an (Foto: Plaion Pictures)

Blutiger Wegweiser – das fängt ja gut an (Foto: Plaion Pictures)

Christopher Robin (Nikolei Leon) ist erwachsen geworden und verlässt seine Heimat, um Medizin zu studieren. Dabei lässt er nicht nur das Elternhaus, sondern auch seine Freunde aus dem Hundert-Morgen-Wald zurück, inklusive Pu (verkörpert von Craig David Dowsett), I-Aah und Ferkel (verkörpert durch Chris Cordell). Vorbei sind die Zeiten der Teepartys, Abenteuer und Weisheiten. Das setzt eine Reihe von schrecklichen Ereignissen in Gang, denn ohne ihren menschlichen Freund, der sie versorgt, werden die Kreaturen des Waldes bald auf ihre grundlegenden Instinkte reduziert. Sie verlernen das Sprechen, entwickeln einen Hass auf Menschen und greifen zu drastischen Maßnahmen, um zu überleben. Der goldene Honig weicht dem Blut anderer.

Als Christopher Robin schließlich in den Wald zurückkehrt, findet er statt seiner Kindheitsfreunde nur brutale Karikaturen derer vor. Auch eine Gruppe von Frauen hat es auf der Suche nach Entspannung in den Hundert-Morgen-Wald verschlagen. Es beginnt ein Kampf ums Überleben, in dem auch Christopher Robin der Grausamkeit von Pu und Ferkel zu entkommen versucht…

Filmkritik „Winnie the Pooh: Blood and Honey“

Hoppla, ungebetener Besuch (Foto: Plaion Pictures)

Hoppla, ungebetener Besuch (Foto: Plaion Pictures)

„Ein Tag ohne einen Freund ist wie ein Topf, ohne einen einzigen Tropfen Honig darin.“ In anderen Worten: Wie sinnlos ist das Leben ohne unsere Freunde? Dies ist nur eine der zig Weisheiten, die der kleine gelbe Bär seit seiner Entstehung in 1926 in einem der mittlerweile berühmtesten Franchise aller Zeiten versprüht. Dass der knuddelige, gemächliche und honigliebende beste Freund von Christopher Robin jemals etwas anderes machen würde, als das Leben mit den anderen Waldbewohnern im Hundert-Morgen-Wald zu genießen, hätte sich vor dem letzten Jahr wahrscheinlich niemand vorstellen sollen. Doch mit dem Auslaufen der amerikanischen Urheberrechte des Schöpfers Alan Alexander Mine, der die Figuren für seinen Sohn, dem realen Christopher Robin erschuf, musste sich Pu der Bär einer Grausamkeitskur unterziehen, die in „Winnie the Pooh: Blood and Honey“ kulminierte.

Zwischen den etlichen Fortsetzungen des Halloween-Franchise‘ und dem Warten auf Jordan Peeles nächsten Film schien die Idee, aus einem fast jahrhundertealten Kinderbuchhelden eine Horrorikone zu kreieren, sehr verheißungsvoll. Zumindest könnte man so die Reaktionen deuten, die sich auf den sozialen Medien nach der Bekanntgabe des Projekts Anfang 2022 äußerten. Die Idee zum Projekt stammt von dem späteren Regisseur und Drehbuchautor Rhys Frake-Waterfield, der zwar schon viel im Horror(-Trash) Genre gearbeitet hat, aber keine erwähnungswürdigen Filme erschuf.

Achtung, verschmutzte Fahrbahn (Foto: Plaion Pictures)

Achtung, verschmutzte Fahrbahn (Foto: Plaion Pictures)

In der losen Adaption von A. A. Milnes Figuren geht es darum, was passiert, wenn das Zitat über Freundschaft auf düstere Weise wahr wird. Im Verlauf des Films sehen Zuschauer:innen, wie Pu und Ferkel nicht nur den Rückkehrer Christopher Robin quälen, sondern auch – wie soll es anders sein – eine Gruppe von weiblich gelesenen Charakteren. Jegliche Versuche der Friedensschließung zwischen dem Protagonisten und seinen einstigen Freunden schlagen fehl und scheinen die beiden Killer nur noch mehr anzutreiben. Dabei greifen die Kreaturen auf Vorschlaghammer, Axt und andere brutale Methoden zurück, um ihren Blutdurst bzw. literarischen Hunger zu stillen.

Das Ergebnis ist ein Film, bei dem man sich die ganze Zeit wünscht, er wäre vorbei – obwohl er lediglich 100 Minuten Laufzeit umfasst. Das liegt allerdings nicht an dem grausamen Splatter, sondern an dem mehr als dürftigen Ausbau der Antagonisten. Killer müssen nicht reden, um zu gruseln (hallo Michael Myers und Art the Clown). Killer brauchen auch nicht schnell sein, um für Spannung zu sorgen (siehe „It Follows“, 2014). Doch hier brauchen sie mehr als übermenschlich große Proportionen, einen Hillbilly-Kleidungsstil und einen schier unendlichen Speichelfluss. Zugegebenermaßen ist das unheimlichste Element im ganzen Film im Vorspann zu finden, als herauskommt, dass Pu und Ferkeln den armen Esel I-Aah verspeist haben, um zu überleben. Die brutale Abschlachtung von unschuldigen Menschen zu sehen, kann der Status-Quo Horrorfan ja noch ertragen, aber wenn man daran denkt, wie der stets müde und entspannte Zeichentrick I-Aah kannibalisiert wird, da hört es dann doch auf.

Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt... (Foto: Plaion Pictures)

Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt… (Foto: Plaion Pictures)

Die Motivation für die Grausamkeiten geht darin verloren, dass man Christopher Robins Auseinandersetzung mit Pu und Ferkel nicht in den Mittelpunkt der Handlung gestellt. Vielmehr wird hier eine Gruppe von nichtssagenden Charakteren benutzt, um die Anzahl der Opfer in die Höhe zu treiben. Dass der Film durch die dicken Nebelschwaden, die lächerlichen Silikonmasken von Pu und Ferkel und der dürftigen Über- oder Unterbelichtung billig wirkt, ist ja nichts Schlimmes; im Gegenteil trägt es zum Charme des Films bei. Was man daraus macht, ist eine andere Angelegenheit. Wenn sich der Film die Zeit genommen hätte, um ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Parteien zu entwickeln und Christopher Robin zu einem Final-Girl zu machen, wäre ein solider Low-Budget-Streifen entstanden. Doch das generelle Problem des Films ist, dass er es voll und ganz darauf anlegt, brutal zu sein, ohne seine kreative Vorgeschichte auszuschlachten, so zu sagen.

Immer mal wieder kommt die Verzweiflung durch, die sowohl Protagonist als auch Antagonist verspüren. Zum Beispiel, wenn Christopher versucht, an das Gute in Pu zu appellieren und dieser einen inneren Kampf mit sich selbst führt, ob er der Rache nicht doch abschwören und zum Guten, zur Freundschaft zurückkehren sollte. Dies kulminiert in einem Wutausbruch des Bären und einer der bemerkenswertesten Stellen des Films, die den möglichen Knackpunkt des Slashers streift: die grundlegende Trauer des Vergessens, die Bedeutung von Freundschaft und die omnipräsente Einsamkeit.

Gestatten Winnie (Foto: Plaion Pictures)

Gestatten Winnie (Foto: Plaion Pictures)

„Winnie the Pooh: Blood and Honey“ hätte mit etwas mehr Aufwand, Liebe zum Detail und Geduld ein enormer Spaß werden können, der sogar tiefere Ebenen des metaphorischen Honigtopfes erreicht. Stattdessen setzte man darauf, die Geschichte der mordenden Hundert-Morgen-Wald-Bewohner so schnell es geht, auf den Markt zu bringen und dafür das Potential des Konfliktes zu opfern. Der Film hätte Kultstatus erreichen können – und nicht nur wegen eines fehlenden Budgets und des freizügigen Abschlachtens. Das und die dürftige Rezeption hält den Creator Rhys Frake-Waterfield allerdings nicht auf, dieses Horroruniversum von Disneyhelden weiter auszubauen. Die nächsten Charaktere, die ein Horror-Denkmal erhalten sollen, sind Peter Pan und Bambi. Der zweite Teil von „Blood and Honey“ ist ebenfalls bereits angekündigt, diesmal mit Tigger als zusätzlichen Killer. Vielleicht sind die kommenden Verfilmungen besser ausgearbeitet, nachdem die Einführung in dieser Welt überstanden ist. Genug Material, unterschwellige Kindertraumata und Konfliktpotenzial gibt es ja in jeder dieser Geschichten.

Die Versionen

Die vorliegende Kinofassung läuft schnittige 84 Minuten (sowohl DVD als auch Blu-ray). Auch wenn das Budget beschaulich war, wurde am Fake-Blut in diesem Slasher nicht gespart; die FSK-Freigabe ab 18 ist auf jeden Fall gerechtfertigt. Ungeschnitten.

Das Urteil von Horrormagazin.de

Solide Idee, dessen Umsetzung sich aber leider im Wald verirrt hat.

Bewertung: 2/5 Sterne

Der offizielle Trailer zum Film "Winnie the Pooh: Blood and Honey"

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Über R.J. MacReady

“We're not gettin' outta here alive. But neither is that Thing.” Dieses Zitat stammt vom coolesten Helikopterpiloten der Arktis – und Pseudonyminspiration für Alicia Mönnig. Ihre Liebe zum Kino und zu audiovisuellen Medien hat früh begonnen; die Familie veranstaltete regelmäßig Filmabende und was sie nachhaltig besonders beeindruckt hat, sind Horrorfilme.
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