Matomo

Bewertung: 4/5 Sterne

Filmkritik Incantation

Dieser Film ist so verflucht, da hilft kein Exorzist mehr.

In „Incantation“ sucht ein Fluch eine Familie heim, die auch den Zuschauer (wirklich?) trifft.

Die Handlung

Das ist kein Gespenst unter deinem Bett (Foto: Netflix)

Das ist kein Gespenst unter deinem Bett (Foto: Netflix)

Nach sechs Jahren ist es Li Ruo-nan (Tsui Hsuan-yen) erlaubt, ihre Tochter Dodo (Huang Sin-ting) bei sich aufzunehmen. Überglücklich verbringen beide ihren ersten Abend zu Hause. Doch in der Nacht geschehen merkwürdige Dinge und Dodo scheint mit einer unsichtbaren Person zu sprechen. Die paranormalen Vorfälle häufen sich. Nach und nach kommen die Menschen in ihrem direkten Umfeld auf tragische Weise um.

Die Gründe für Dodos seltsames Verhalten liegen in Ruo-nans Vergangenheit. Vor Dodos Geburt war sie Mitglied eines Geisterjägerteams. Zusammen mit ihrem Freund Dom (Sean Lin) und dessen Cousin Yuan (Wen Ching-yu) besuchten sie ein abgelegenes Dorf in Taiwan, um die religiösen Bräuche der Gemeinde zu dokumentieren. Dort brachen sie ein Tabu, dessen Konsequenzen Dodo erfährt. Nun liegt es an Ruo-nan, ihre Tochter um jeden Preis zu beschützen.

Filmkritik “Incantation”

Grammatikalisch fehlerfrei geschrieben (Foto: Netflix)

Grammatikalisch fehlerfrei geschrieben (Foto: Netflix)

Unchronologisch und in Found Footage-Manier erzählt der taiwanesische Film die Kehrseite von folkloristischen Glaubenskonzepten. Solange man sich den religiösen Regeln fügt, werden Verdienste generiert, die einem in Form von Segen widerfahren sollen. Regisseur Kevin Ko unterwandert diese Traditionen und stellt sich indirekt die Frage, welche Konsequenzen sich aus der Verehrung einer böswilligen Gottheit ziehen lassen.

Dieses Gedankenspiel ist jedoch nur Mittel zum Zweck. Vielmehr soll das menschliche Vorstellungsvermögen hinterfragt werden. Denn wie so oft, geschieht der Horror nicht auf der Bildfläche, sondern im Gehirn. Und davon hat der Film reichlich!
Found Footage ist ein beliebtes Erzählmittel im Horrorgenre, da die Handlung durch die Kamera der Protagonisten subjektiv wiedergegeben wird. Durch den dokumentationsähnlichen Stil wird zudem ein realistischer Eindruck vermittelt, was für die Zuschauer*innen ein immersives (Schock-)Erlebnis darstellt.

Da muss mir irgendwie Geld aus der Tasche gerollt sein (Foto: Netflix)

Da muss mir irgendwie Geld aus der Tasche gerollt sein (Foto: Netflix)

Seit dem Erfolg von “The Blair Witch Project” (1999) haben etliche Filmemacher*innen den Found Footage-Stil kopiert, aber in vielen Fällen nichts Neues daraus gemacht. Ko gelingt es dank des nervenzehrenden Plots und dem Wechsel von Bildformaten sowie Aufnahmemedien einen erfrischenden Ansatz in der sonst monoton gewordenen Found Footage-Landschaft zu finden. Lange, wackelige Einstellungen und verrauschte Aufnahmen sind hierbei oftmals die Norm, was für einige Zuschauer*innen ein Graus sein kann.

Unerwartete Grusel-Schocker, ekelerregende Körperwelten, die einem garantiert Trypophobie, also Angst vor Ansammlungen unregelmäßiger Löcher, geben und ein mysteriöser Fluch, vor dem scheinbar niemand entkommen kann, lassen das Blut in den Adern gefrieren. Besonders in Ostasien, wo der Glaube an übernatürlichen Entitäten tief in der Gesellschaft verwurzelt ist, räsonierte “Incantation” mit den Zuschauer*innen und wurde einer der erfolgreichsten taiwanesischen Filme des letzten Jahres. Auch die Tatsache, dass “Incantation” von einer wahren Begebenheit inspiriert war, sorgte für zusätzlichen Wirbel. Die Geschichte basiert sehr lose auf einer taiwanesischen Familie, die einer Sekte angehörte.

Die Versionen

“Incantation” ist ab 16 Jahren freigegeben und hat eine Laufzeit von 111 Minuten. Seit dem 8. Juli 2022 ist der Film auf Netflix abrufbar.

Das Urteil

Der Film ist nichts für schwache Nerven. Nervenaufreibend bis aufs Mark führt “Incantation” die Zuschauer*innen in einen übernatürlichen Sog aus Schauer und Entsetzen. Ein innovativer Found Footage-Horror, der seinesgleichen sucht.2dfe2dca506947e6b96ed60ae4c443b3

Bewertung: 4/5 Sterne

Der offizielle Trailer zum Film "Incantation"

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Über Phi Am

Phi Am beschäftigt sich seit ihrer Jugend mit Horrormedien und -geschichten aus aller Welt. Der Nickname stammt aus der thailändischen Geister-Folklore, beschreibt jedoch aus heutiger Sicht das Phänomen einer Schlafparalyse. Ist großer Fan von Werken des Comiczeichners Junji Itō und Nudelsuppen.
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