Matomo

Bewertung: 4/5 Sterne

Filmkritik The Menu

Filmischer Gaumenschmaus, im Abgang bittersüß

Ein zauberhaftes Abendessen der Extraklasse entpuppt sich für die Gäste bei „The Menu“ als entsetzliches Spektakel.

Die Handlung

Wann gibt's Nachtisch? (Foto: Disney)

Wann gibt’s Nachtisch? (Foto: Disney)

Auf einer abgelegenen Insel befindet sich das Hawthorn, eines der exklusivsten Restaurants für gehobene Sterne-Küche. Dort gehen Margot (Anya Taylor-Joy) und Tyler (Nicholas Hoult) zusammen mit 10 weiteren Gästen zu einem kulinarischen Erlebnis. Unter ihnen sind u.a. die wortgewandte Restaurantkritikerin Lilian Bloom (Janet McTeer) und ihr Verleger (Paul Adelstein), ein älteres wohlhabendes Paar, drei Geschäftsmänner, die für einen milliardenschweren Tech-Konzern arbeiten und ein abgehalfterter Schauspieler (John Leguizamo) in Begleitung seiner Assistentin (Aimee Carrero), der sich mit einem neuen Fernsehformat über Essen an seine alten Glanzzeiten knüpfen will.

Unter der Leitung des Chefkochs Julian Slowik (Ralph Fiennes) wurde das Menü sorgfältig zubereitet, der auch alle Gäste bis auf Margot persönlich ausgesucht hat. Mit jedem fortschreitenden Gang nimmt das Abendessen immer mehr bizarrere und düstere Züge an.

Filmkritik “The Menu”

Tapfer sein, nur noch Erdbeereis da. (Foto: Disney)

Tapfer sein, nur noch Erdbeereis da. (Foto: Disney)

Mark Mylod, der zuletzt bei Serien wie “Succession” und “Game of Thrones” die Regie führte, inszeniert “The Menu” als tiefschwarzes, ambivalentes Kammerspiel. Bis auf einige Ausnahmen spielt sich die Handlung ausschließlich im Hawthorn ab. Das Innendesign des Restaurants ist modernen, edlen Restaurants unserer Gegenwart nachempfunden; die Einrichtung schlicht und dunkel gehalten, der Fensterblick aufs offene Meer, ein Gaskamin an der Wand strahlen Extravaganz aus. Doch hinter dieser schicken Fassade und der konventionellen Bildsprache versteckt sich der Horror, der unerwarteter nicht sein könnte.

Mit der klassischen Musik im Hintergrund und den hochwertig inszenierten Gerichten ähnelt “The Menu” in einigen Szenen an eine Folge von Netflix’ kulinarischer Dokureihe “Chef’s Table”. Das ist nicht verwunderlich; die französische Sterneköchin Dominique Crenn ist als Beraterin für die Gestaltung der Gerichte verantwortlich.

Ein Stuhl im Haus erspart den ... (Foto: Disney)

Ein Stuhl im Haus erspart den … (Foto: Disney)

Die feinfühlig arrangierten Gerichte haben nicht nur visuell einen Schauwert, sondern dienen auch als Charakterisierung der Protagonist*innen; die Restaurantkritikerin beurteilt, seziert die Speisen mit eloquenten Worten, ihr unterwürfiger Verleger stimmt dem allen zu, die Assistentin verzehrt die Speisen, ohne zu wissen, was sie isst. Besonders hervorzuheben ist Tyler, der Slowik fanatisch verehrt und die Gerichte unkritisch konsumiert.

Die im Hawthorn gebotene Kulinarik geht weit über das bloße Verzehren der Speisen hinaus. Sie kann als Dienstleistung, gar als Kunstwerk betrachtet werden. Für viele Gäste ist sie jedoch ein Statussymbol, ein Zeichen ihrer Kultiviertheit. Im Falle des älteren Paares ist der Besuch im teuren Hawthorn Teil ihres Alltages. Das soziale Gefälle zwischen Dienstleistenden und denen, die diese Dienstleistung in Anspruch nehmen, wird in “The Menu” mehrfach resoniert und auf entsetzliche Weise ad absurdum geführt.

Ich hab's gewusst, da kommt noch was. (Foto: Disney)

Ich hab’s gewusst, da kommt noch was. (Foto: Disney)

Ralph Fiennes spielt Slowik als perfektionistischen Koch/Künstler, der autoritär über das Hawthorn herrscht. Dem kann nur Anya Taylor-Joy als schlagfertige Margot entgegenwirken, die seine Regeln stets hinterfragt und in der Gourmet-Sphäre zwischen all den einflussreichen und millionenschweren Gästen wie ein Fremdkörper erscheint. Nicholas Hoult als streberhafter Feinschmecker ist teilweise schmerzhaft, aber vor allem amüsant anzuschauen.

Die Versionen

“The Menu” hat eine Schnittfassung von 108 Minuten und ist ab 16 Jahren freigegeben. Der Film ist als Blu-ray oder DVD erhältlich.

Das Urteil von Horrormagazin.de

“The Menu” vereint bittere Satire, Thriller und Horror in einem. Der Film ist auf zynische Weise unterhaltsam und macht keinen Hehl aus seiner Radikalität. Packend bis zum Ende erzählt. 56285f164b81417b82a77b11e39847c0

Bewertung: 4/5 Sterne

Der offizielle Trailer zum Film "The Menu"

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Über Phi Am

Phi Am beschäftigt sich seit ihrer Jugend mit Horrormedien und -geschichten aus aller Welt. Der Nickname stammt aus der thailändischen Geister-Folklore, beschreibt jedoch aus heutiger Sicht das Phänomen einer Schlafparalyse. Ist großer Fan von Werken des Comiczeichners Junji Itō und Nudelsuppen.
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